«Gute Verhandlungstaktik besteht darin, die Antwort zu provozieren, die man haben will.»Hans Habe
Wer nach seinem Empfinden zu Unrecht gekündigt wurde, sollte proaktiv vorgehen. Denn die meisten Beschäftigten genießen Kündigungsschutz und können sich mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr setzen. Ziel der Klage ist es, dass sich die Kündigung als unwirksam erweist. Schließlich muss der Arbeitgeber die Wirksamkeit der Kündigung beweisen.
Wem offensichtlich zu Unrecht gekündigt wurde, der sollte sich nicht davor scheuen, eine Kündigungsschutzklage anzugehen. Zum einen hat sie den Vorteil, dass sie in der Regel in einer Abfindung für den Arbeitnehmer mündet.
Zum anderen haben erkennbar ungerechtfertigte Kündigungen, gegen die man sich nicht wehrt, den Nachteil, dass das Arbeitsamt Konsequenzen daraus ziehen und im schlimmsten Fall eine zwölfwöchige Sperrzeit verhängen könnte. Eine Kündigungsschutzklage einzureichen, ist deshalb in den allermeisten Fällen in eine bewährte Option.
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Die Kündigungsschutzklage ist alternativlos und die beste Möglichkeit, gegen die Kündigung durch den Arbeitgeber vorzugehen. Denn in einem Kündigungsschutzverfahren trägt grundsätzlich der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass die Kündigung rechtmäßig und verhältnismäßig war.
Eine Kündigungsschutzklage ist möglich, wenn ein gesetzlicher Kündigungsschutz vorliegt und das Kündigungsschutzgesetz (KschG) greift. Das bedeutet, § 4 KschG nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer bereits länger als sechs Monate ununterbrochen in dem jeweiligen Betrieb tätig war und das Unternehmen kein Kleinbetrieb mit weniger als zehn (genauer 10,25) ständig Beschäftigten ist (§ 23 Abs. 1 KSchG).
Hinweis: In einigen Fällen kann eine Kündigungsschutzklage auch dann erfolgreich sein, wenn das KschG gar nicht gilt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn eine Kündigung während des Mutterschutzes oder der Elternzeit erfolgte oder im Fall einer Schwerbehinderung des Arbeitnehmers die Zustimmung durch das Integrationsamt gar nicht vorlag.
Beispiel: Erhält ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin am 1.4.2023 eine Kündigung, sollte die Kündigungsschutzklage spätestens bis zum 22.03.2023 dem zuständigen Arbeitsgericht vorliegen.
Hinweis: Etwas anderes ist der sogenannte „Weiterbeschäftigungsantrag“. Dieser hat lediglich die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ende des Kündigungsschutzprozesses zum Ziel.
Nur wenn im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, dass im Falle einer Kündigung diese genau zu begründen ist, besteht die Pflicht, dies auch zu tun!
Gibt es eine solche Vereinbarung nicht, muss der Arbeitgeber in seinem Kündigungsschreiben an den Arbeitnehmer keine Begründung abgeben. Aus der Kündigung muss allerdings hervorgehen, zu welchem Datum das Arbeitsverhältnis endet.
Darüber hinaus gibt es drei gesetzliche Kündigungsgründe: den betriebsbedingten Kündigungsgrund, den verhaltensbedingten Kündigungsgrund sowie den personenbezogenen Kündigungsgrund.
Bei der betriebsbedingten Kündigung hat eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG stattzufinden. Hier ist festgelegt, welche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sozial besonders schutzbedürftig sind. Hier muss der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte als Entscheidungskriterium heranziehen. Diesen Vorgang bezeichnet man als Sozialauswahl.
Das Bundesarbeitsgericht hat vier Punkte zur Sozialauswahl akzeptiert: Dienstjahre, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Behinderung. Wenn die Prüfung nach den Kriterien der Sozialauswahl einen Fehler ergibt, ist die Kündigung unwirksam. Näheres zum Punkteschema für die soziale Auswahl finden Sie zum Beispiel unter diesem Link.
Hat der Arbeitgeber die Kündigung ausreichend, stichhaltig und nachvollziehbar begründet, ist von einer wirksamen ordentlichen Kündigung auszugehen.
Strenggenommen brauchen Sie, um eine Kündigungsschutzklage einzureichen, keinen Anwalt. Allerdings sollten Sie bedenken, dass Anwälte für arbeitsrechtliche Fragen schon viele solcher „Routineklagen“ begleitet haben und sowohl über einen entsprechenden Erfahrungsschatz als auch über das entsprechende Verhandlungsgeschick verfügen, wenn es um die Höhe einer Abfindung geht.
Die Kosten für eine Kündigungsschutzklage bestehen ganz überwiegend in den Anwaltskosten für den eigenen Anwalt. Für diese Kosten, die vom Streitwert und damit vom Arbeitseinkommen der gekündigten Person abhängig sind, muss der Kläger selbst aufkommen.
Verliert er den erstinstanzlichen Kündigungsschutz-Prozess, was selten vorkommt, muss er allerdings nicht auch noch die Kosten der Gegenpartei tragen, sprich, die Anwaltskosten des Arbeitgebers. (§12 a Abs. 1 ArbGG).
Sollten Sie keine Rechtschutzversicherung und/oder nicht die Mittel haben, einen Anwalt zu beauftragen, kann ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt werden. Diese kann jedoch nur von Bürger*innen in Anspruch genommen werden, die ein nur sehr geringes oder gar kein Einkommen haben. Weitere Informationen zu dem Beratungshilfegesetz und zu den Regelungen der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe finden Sie unter diesem Link.
Normalerweise haben Menschen, die eine Kündigung erhalten haben, kein Interesse daran, im Unternehmen zu bleiben und der Arbeitgeber hat kein Interesse daran, die betreffende Person weiterzubeschäftigen. Die Lösung ist einzig und allein die Kündigungsschutzklage. Nur mit deren Hilfe wird es dem Arbeitnehmer möglich sein, mit einer Abfindung in der Tasche aus der Sache herauszukommen und nicht leer auszugehen.
Auch für den Arbeitgeber ist es in aller Regel besser, mit dem gekündigten Beschäftigen einen Vergleich zu schließen und ihm zuvor einen Aufhebungsvertrag anzubieten. So kann sich der Arbeitgeber elegant aus der Affäre ziehen und einen langwierigen Arbeitsrechtsstreit vermeiden: Verliert er nämlich den Prozess, kann das für ihn noch teurer werden, weil er das Gehalt des Gekündigten rückwirkend zahlen muss.
Die Höhe der Abfindung hängt im Übrigen von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehört die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und natürlich die Höhe des Gehalts.
Hier kann der Arbeitgeber mit seiner Kündigung eine Abfindung für den Fall anbieten, dass der entlassene Mitarbeiter auf eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht verzichtet. In diesem Fall ist die Höhe der Abfindung gesetzlich festgelegt. Sie beträgt laut Kündigungsschutzgesetz ein halbes Bruttomonatsgehalt für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit.
Grundsätzlich sind Abfindungen ebenso voll zu versteuern wie der Arbeitslohn. Steuerfreibeträge gibt es inzwischen nicht mehr.
Allerdings werden sie mit der sogenannten Fünftel-Regelung durch eine gemilderte Progression steuerlich moderat eingestuft. Dafür muss die Abfindung innerhalb eines Kalenderjahres gezahlt werden. Wurde die Abfindung in Teilbeträgen über mehrere Kalenderjahre verteilt gezahlt, ist sie hingegen voll steuer- und sozialversicherungspflichtig. (Hintergrund: Erhielte der Arbeitnehmer die gesamte Summe auf einmal, wäre die Steuerlast zu hoch.)
Fazit
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten sich, wenn sie gekündigt wurden, schnellstmöglich von einem auf Arbeitsrecht bzw. Kündigungsschutzklagen spezialisierten Anwalt beraten lassen. Schnellstmöglich deshalb, weil das Zeitfenster für die Klagefrist von 3 Wochen kurz ist. Denn in dieser Zeit gilt es, beim zuständigen Arbeitsgericht Klage zu erheben. Daher ist es in jedem Fall ratsam, eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen zu haben.
Umgekehrt sollten auch Arbeitgeber für den Fall gut vorbereitet sein, wenn sie Mitarbeiter entlassen möchten. Wenn es im Unternehmen nicht bereits eine Person gibt, die den Firmenrechtsschutz verantwortet, sollten Sie sich zuvor von einem externen Anwalt oder einer Anwältin für Arbeitsrecht beraten lassen.
Denn, um es mit den Worten des Naturwissenschaftlers Gerhard Uhlenbruck zu sagen: „Guter Rat ist teuer, schlechter Rat kann teuer zu stehen kommen.“
Ablauf einer Kündigungsschutzklage (Klicken für eine größere Ansicht)
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