Bedeutet Schwerbehinderung Unkündbarkeit?

Viele meinen, dass eine Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers mit dessen Unkündbarkeit gleichzusetzen ist.

Tatsächlich ist dies jedoch nicht der Fall. Richtig ist vielmehr allein, dass eine wirksame Kündigung von schwerbehinderten Menschen sowie der ihnen gleichgestellten Personen die vorherige Zustimmung des zuständigen Integrationsamts zur Voraussetzung hat, wenn ihr Arbeitsverhältnis mindestens 6 Monate bestanden hat.

Dabei können sich Arbeitnehmer auf den in Rede stehenden Sonderkündigungsschutz grundsätzlich nur berufen, wenn sie im Zeitpunkt ihrer Kündigung bereits einen Antrag auf Feststellung ihrer Schwerbehinderung oder Gleichstellung gestellt haben.

Schwerbehinderte Menschen mit Sonderkündigungsschutz sind solche Personen, deren Grad der Behinderung mindestens 50 beträgt. Ihnen können Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 30 von der Agentur für Arbeit gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder behalten können.

Das Integrationsamt hat über den Antrag eines Arbeitgebers auf Zustimmung zur Kündigung einer schwerbehinderten Person mit Sonderkündigungsschutz nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.

  1. Bei einer personenbedingten Kündigung, die sich auf wiederholte Kurzerkrankungen oder eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit stützt, darf das Integrationsamt die Zustimmung nur erteilen, wenn infolge von hohen Fehlzeiten in der Vergangenheit die Prognose gerechtfertigt ist, dass mit einer sinnvollen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht mehr gerechnet werden kann.

Dabei ist jedoch zu prüfen, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen kann.

  1. Im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung hat das Integrationsamt zu prüfen, ob die Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers auf seiner Behinderung beruhen.
  2. Bei einer betriebsbedingten Kündigung hat das Integrationsamt die Entscheidung des Arbeitgebers, den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers einsparen zu wollen, grundsätzlich hinzunehmen.

Danach ist zusammenfassend festzuhalten, dass eine Schwerbehinderung oder eine Gleichstellung nicht automatisch und ausnahmslos eine arbeitsvertragliche Unkündbarkeit zur Folge hat.

Umgekehrt ist eine Zustimmung des Integrationsamts zu einer Kündigung eines schwerbehinderten Menschen nicht mit der Wirksamkeit einer solchen Kündigung gleichzusetzen.

Vielmehr sind auch vom Integrationsamt zugelassene ordentliche Kündigungen von schwerbehinderten Menschen mit Sonderkündigungsschutz, die in einem Betrieb mit mehr als 10 Arbeitnehmern länger als 6 Monate beschäftigt sind, nur dann wirksam, wenn sie betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder personenbedingt sind.

Darüber hinaus muss vor Ausspruch einer (Arbeitsvertrags-) Kündigung ein gewählter Betriebsrat unter Einhaltung der dafür gesetzlich vorgeschriebenen Frist ordnungsgemäß angehört worden sein.

Auch diese weiteren Voraussetzungen einer ordentlichen (Arbeitsvertrags-) Kündigung sind rechtlich jedoch nur dann von Bedeutung, wenn der von einer solchen Kündigung betroffene schwerbehinderte Arbeitnehmer binnen 3 Wochen nach dem Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht eine sog. Kündigungsschutzklage erhebt. Ansonsten ist die Kündigung kraft Gesetzes wirksam.

Gerne vertrete ich Sie in einem Kündigungszustimmungsverfahren vor einem Integrationsamt sowie bei der Erhebung und Durchführung einer Kündigungsschutzklage. Sollten Sie dies wünschen, bitte ich Sie höflich um Ihre schnellstmögliche Kontaktaufnahme mit mir.

Veröffentlicht am: 15. Januar 2025

Kategorien:Arbeitsrecht

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