Kündigung, Kurzarbeit, Entgeltfortzahlung, Homeoffice und Corona

Kündigung, Kurzarbeit, Entgeltfortzahlung, Homeoffice und Corona
geralt| pixabay

Die große Kündigungswelle steht (noch) aus. Kurzarbeitergeld und Kredite haben bisher Schlimmstes verhindert. Aber was kommt danach?

Die Inzidenzen sind rückläufig. Weniger Betriebe nehmen Kurzarbeit in Anspruch. Die Homeoffice-Pflicht läuft Ende Juni aus. Einige prophezeien eine Post-Corona-Kündigungswelle. Andere sehen das weit weniger dramatisch. Was derzeit für Arbeitnehmer relevant ist, haben wir in einer Übersicht für Sie zusammengefasst.

Viele Arbeitnehmer sind verunsichert. Etwa, weil sie seit Monaten in Kurzarbeit sind, im Homeoffice sitzen und/oder Lohnfortzahlungen seit längerem ausstehen oder Unternehmen gar ihre Personaldecke ausdünnen wollen. Generell kann Kurzarbeitergeld zwar bis zu 24 Monate beantragt werden. Inzwischen ist der Zeitraum noch bis zum 31. Dezember 2021 verlängert worden, aber, was kommt danach? Können Arbeitgeber ihren Mitarbeitern wegen Corona kündigen und wenn ja, welche Voraussetzungen müssen gegeben sein? Nachfolgend ein Rundumschlag zu arbeitsrechtlichen Fragen rund um Corona: Kündigung, Kurzarbeit, Entgeltfortzahlung, Homeoffice:

Ich wurde gekündigt, und habe Corona als Grund in Verdacht. In meinem Kündigungsschreiben ist aber kein Grund angegeben. Ist das rechtmäßig?

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber bei einer ordentlichen Kündigung nicht verpflichtet, im Kündigungsschreiben einen konkreten Grund zu nennen. Dass er der Schriftform Genüge getan hat, genügt für eine rechtmäßige Kündigung vollkommen. (Ausnahme: Eine fristlose Kündigung, bei der er ein offenes Blatt spielen und seine Beweggründe darlegen muss. Und, wenn Sie den Grund ausdrücklich nachfragen, muss Ihr Arbeitgeber darauf eingehen.)

Ist die Corona-Pandemie ein Kündigungsgrund?

Corona selbst ist kein Grund, um Mitarbeiter zu entlassen und genügt für den häufigsten Kündigungs-Fall nicht: die betriebsbedingte Kündigung! Mit anderen Worten; eine coronabedingte Kündigung hat keinerlei rechtliche Relevanz. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber wegen der Pandemie tatsächlich ins Straucheln geraten ist und eine empfindliche Umsatzeinbuße verzeichnet hat. Wichtig: Es muss absehbar sein, dass die betroffenen Arbeitsplätze keine Zukunft haben und deshalb die fraglichen Positionen nicht wieder besetzt werden. Auch hier muss der Arbeitgeber glaubhaft darlegen, dass die Kündigung der dauerhaft schlechten Auftragslage geschuldet ist und nicht einer momentanen Befindlichkeit.

Doch selbst wenn der Arbeitsplatz nicht zu retten ist, haben Sie noch einen Trumpf in der Hand: die Kündigungsschutzklage. Sie bietet die Option, eine Abfindung zu erstreiten. In manchen Fällen besteht selbst ohne Klage ein solcher Anspruch. Und falls nicht: Wer auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet, kann alternativ eine Abfindung in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts pro Beschäftigungsjahr verlangen, wenn im Kündigungsschreiben diese Möglichkeit vorgesehen ist.

Kann ich auch während der Kurzarbeit gekündigt werden?

Hier wird es der Arbeitgeber deutlich schwerer haben, mit einer Kündigung durchzukommen, wenn in seinem Betrieb das Kündigungsschutzgesetz gilt, was bei Unternehmen von bis zu 10 Mitarbeitern nicht vollumfänglich der Fall ist.

Zum Verständnis: Das Konstrukt der Kurzarbeit hat den Sinn, die Personalkosten zu senken, um den Betrieb vorübergehend wirtschaftlich zu entlasten, damit dieser die Arbeitsplätze erhalten kann. Wird nun ein Beschäftigter, der schon in Kurzarbeit ist, gekündigt, muss sein ehemaliger Arbeitgeber dafür aufkommen, weil er kein staatliches Kurzarbeitergeld mehr erhält. In den meisten Fällen dürften diese Kosten niedriger sein als bei einer regulären Kündigung.

Hat nun ein Unternehmen Kurzarbeit angemeldet, dann will es damit ja gerade zum Ausdruck bringen, dass es nur vorübergehend schwächelt und in absehbarer Zeit wieder auf Kurs ist. Werden in dieser Zeit betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen, widerspricht sich damit der Arbeitgeber selbst. Trotzdem: Wer es als Arbeitgeber darauf ansetzt, diesen Schritt zu gehen, der wird sich zuvor anwaltlichen Rat eingeholt haben und womöglichen mit seinem Unterfangen vor Gericht durchkommen, wenn er überzeugend argumentiert.

Es kommt also wie immer auf den Einzelfall an. Wenn Sie in einer solchen Zwickmühle stecken, sollten sie machen wie Ihr Arbeitgeber und sich einen Anwalt zurate ziehen.

Darf mein Arbeitgeber durch Kurzarbeit meinen Lohn mindern?

In einer jüngeren Ausgabe der „Metallzeitung“ berichtet ein Jurist vom DGB Rechtsschutz über einen Fall, bei dem sich ein Arbeitgeber aus der KFZ-Branche vor der Lohnfortzahlung drücken wollte. Ein Metaller, der in der Werkstatt beschäftigt war, ließ sich das nicht bieten und zog mit anwaltlicher Unterstützung vor den Kadi. Sein Fall: Er erkrankte während der Pandemie an einem orthopädischen Leiden und wurde für vier Wochen arbeitsunfähig krankgeschrieben.

Einmal davon abgesehen, dass Beschäftigte grundsätzlich bis zu sechs Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben: Ein Arbeitgeber darf seine Beschäftigten nicht kurzerhand auf Kurzarbeit setzen, ohne das im Vorfeld mit ihnen zu klären. Den Arbeitskollegen des Klägers, die ebenfalls in der Werkstatt beschäftigt waren, ging es nicht besser. Auch sie wurden ohne Not in Kurzarbeit geschickt. Offenbar steckte die Idee dahinter, sich in diesen Zeiten Lohnkosten zu sparen. Denn die Werkstatt selbst war nicht wie die kaufmännische Abteilung des KFZ-Betriebs von Kurzarbeit betroffen.

Generell gilt: Arbeitgeber können ihre Mitarbeiter ohne Ankündigung und beidseitiges Einvernehmen nicht einfach in Kurzarbeit schicken. Setzt sich der Arbeitgeber darüber hinweg, will er sich vor seiner Entgeltfortzahlungspflicht drücken. Denn er hat auch in Pandemiezeiten das wirtschaftliche Risiko allein zu tragen und kann dieses nicht nach Belieben auf seine Mitarbeiter ausdehnen. Da in dem Fall die Werkstatt nie von Kurzarbeit betroffen war, behalten auch erkrankte Beschäftige ihren vollen Lohnanspruch.

Wie lange gibt es noch Kurzarbeitergeld?

Im März wurde beschlossen, dass Ende Juni das Kurzarbeitergeld ausläuft. Nun wurde es bis Ende des Jahres verlängert, wenn ein Unternehmen spätestens für Juni 2021 erstmalig Kurzarbeitergeld erhalten hat. Allerdings: Mindestens 10 Prozent der Beschäftigen müssen mindestens 10 Prozent weniger verdienen. Zudem müssen Angestellte Überstunden und positive Zeitguthaben abgebaut haben. Kinderlose Mitarbeiter*innen erhalten 60 Prozent Ihres Netto-Entgelts als Kurzarbeitergeld. Wer Kinder hat, bekommt 67 Prozent. Ab dem 4. Bezugsmonat kann das Kurzarbeitergeld erhöht werden.

Weitere Informationen unter www.Arbeitsagentur.de
Wir empfehlen hierzu auch unseren Themenbereich Kurzarbeit

Nach Schätzung des Ifo-Institus vom Mai haben waren im April 2021 2,7 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Der größte Batzen des Geldes stammte übrigens nicht aus Steuermitteln, sondern aus Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit. Die Zahl der Kurzarbeiter ist im Mai etwas gesunken, von 2,5 auf 2,3 Millionen Menschen. Das sind noch 6,8 Prozent der abhängig Beschäftigten. Das schätzt das ifo Institut auf der Grundlage seiner Konjunkturumfrage und von Daten der Bundesagentur für Arbeit. Der Rückgang der Kurzarbeit war in nahezu allen Branchen zu sehen.

ifo Institut

Mein Arbeitgeber möchte, dass ich in ein Corona-Hochrisikogebiet reise. Muss ich dem Folge leisten?

Die abstrakte Sorge, sich möglicherweise anzustecken, genügt nicht, um diesen Dienst zu verweigern. (Allgemeines Lebensrisiko.) Liegt demgegenüber für Ihre Dienstreise ein Ihnen unzumutbares Infektionsrisiko vor, können Sie Ihre Leistungspflicht zurückbehalten. In diesem Fall geht Ihre körperliche Unversehrtheit vor!

Wie lange gibt es noch das Recht auf Homeoffice?

Ende Juni 2021 ist Schluss mit der Pflicht, den Mitarbeitern nach Möglichkeit das Arbeiten von Zuhause zu ermöglichen. Die im Infektionsschutzgesetz verankerte Regelung läuft aus. Allerdings hat der Arbeitgeberverband BDA Ende Mai verkündet, dass dies „nicht das Ende von Homeoffice und Testen“ bedeuten soll. So äußerte sich jedenfalls Steffen Kampeter, der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverband BDA gegenüber dem Handelsblatt.

Ein ganz wichtiges Signal in dieser Sache kommt vonseiten der Europäischen Union, berichtete Heise-Online. Die will bis Ende 2030 die Hälfte ihrer Gebäude in Brüssel schließen und verstärkt die Arbeit im Homeoffice anbieten. Übrigens, auch mit dem Ziel „grüner zu werden.“

Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag: Homeoffice ist jetzt Pflicht

Ich war in einem Corona-Risikogebiet im Urlaub und habe mich mit Corona infiziert. Genügt es, wenn ich mich krankmelde oder muss ich den Grund angeben?

Selbstverständlich müssen Sie Ihren Arbeitgeber darüber informieren, wenn Sie erkrankt sind. Sie sind jedoch nicht dazu verpflichtet, das Blatt auf den Tisch zu legen. Auch darf Sie Ihr Arbeitgeber in dieser Angelegenheit nicht löchern. Anders sieht es aus, wenn Sie für Ihr Urlaubsgebiet bestehende Reisewarnungen in den Wind geschlagen und sich wissentlich einer Gefahr ausgesetzt haben. Zwar sind Sie nicht dazu verpflichtet, Ihrem Chef reinen Wein einzuschenken. Sind Sie aber nach Ihren Ferien an Corona erkrankt, werden das die wenigsten Arbeitgeber kommentarlos hinnehmen. Diese sind nicht dazu verpflichtet, ihrer Entgeltfortzahlungspflicht nachzukommen, wenn sich Arbeitnehmer durch ein leichtsinniges Verhalten in ihrer Freizeit in eine solche Situation gebracht haben.

Hat der Arbeitnehmer durch sein Verhalten vorsätzlich oder fahrlässig einen Unfall verursacht, entfällt sein Anspruch auf Lohnfortzahlung. Für risikoreiche Sportarten hat das Bundesarbeitsgericht in einer Grundsatzentscheidung* schon 1982 ausgeführt, dass sich der Betreffende schließlich selbst in diese Situation gebracht habe und nun seinen Arbeitspflichten nicht nachkommen könne.
In Corona-Zeiten werden ähnliche Argumente ins Feld geführt, wenn sich ein Arbeitnehmer leichtsinnig einem unkontrolliert hohen Infektionsrisiko ausgesetzt und die Ansteckung mit dem Virus bewusst in Kauf genommen und damit verschuldet hat. Zwar kann er deshalb nicht gekündigt werden. Wohl aber kann ihm der Arbeitgeber für die Zeit seines Arbeitsausfalls den Lohn verweigern. Beispiel: Corona-Partys, Kindergeburtstage, Reisen in Risikogebiete usw.

*Entscheidung des BAG, Az.: 5 AZR 338/79

Rechtsanwalt Dr. Schmid steht Ihnen gerne für Ihre Fragen zum Arbeitsrecht zur Seite und vertritt Sie in Ihrer Rechtsangelegenheit vor Gericht. Rufen Sie uns gerne an, sodass wir einen ersten Beratungstermin vereinbaren können. Alternativ auch via E-Mail.


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