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Die AU-Bescheinigung ist jetzt digital
Nach zwei gescheiterten Anläufen 2021 und 2022 ist es vollbracht. Seit dem 1. Januar 2023 hat der „gelbe Schein“ ausgedient und wird von der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) abgelöst. Beschäftigte müssen zwar immer noch unverzüglich ihren Krankenstand melden. Die Unterlagen muss der Arbeitgeber allerdings bei der jeweiligen Krankenkasse anfragen.
Bisher war es so: Der Arbeitnehmer ging zum Arzt und bekam die AU-Bescheinigung, die er unverzüglich seinem Arbeitgeber zukommen lassen musste. Unverzüglich bedeutet nach allgemeiner Rechtsauffassung „ohne schuldhaftes Zögern“. Daran hat sich nicht geändert.
Nach zwei gescheiterten Anläufen 2021 und 2022 wurde der Krankenschein aus Papier am 1. Januar 2023 von der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) abgelöst. Die eAU der Krankenkassen wird digital an den Arbeitgeber weitergeleitet. Das bedeutet: Ab jetzt ist nicht mehr der Patient in der Pflicht, seinem Arbeitgeber die AU-Bescheinigung auszuhändigen. Der Arbeitgeber selbst muss bei der Krankenkasse die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachfragen.
So funktioniert die eAU:
- Der Beschäftigte meldet seinem Arbeitgeber nach Paragraf 5 Entgeltfortzahlungsgesetz unverzüglich seine Arbeitsunfähigkeit. Das kann er via E-Mail oder per Anruf tun. (Am besten noch vor dem Arzt- oder Krankenhaustermin.) Es ist kein Fehler, die voraussichtliche Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit zu schätzen.
- Der Arbeitnehmer bekommt beim Arzt einen Ausdruck der AU-Daten für seine Unterlagen. (Sie soll diesem als gesetzliches Beweismittel für den Fall dienen, sollte bei der digitalen Übertragung der AU ein Fehler passieren.) Auf Nachfrage ist auch eine Kopie für seinen Arbeitgeber möglich.
- Nach dem Arztbesuch bis zum Ende des Tages übermittelt die Praxis die Daten elektronisch an die Krankenkasse. Im Falle eines Krankenhausaufenthalts übermittelt dieses die Aufenthalts- und Entlassungsdaten an die Krankenkasse des Patienten.
- Der Arbeitgeber sendet eine Anfrage an die Krankenkasse über den sogenannten Kommunikationsserver, über den die eAU abgefragt werden kann.
- Liegen der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit-Daten vor, stellt diese die eAU zum Abruf durch den Arbeitgeber auf dem Kommunikationsserver bereit. Der Arbeitgeber oder sein Beauftragter (Bsp: Steuerberater) erhält eine Benachrichtigung über die erfolgte Bereitstellung.
Achtung: Spätestens am 4. Tag der Krankheit müssen sich Beschäftigte eine digitale ärztliche Bescheinigung ausstellen lassen. Arbeitgeber haben jedoch das Recht, die Bescheinigung schon ab dem 1. Tag einzufordern. Allerdings dürfen Krankenkassen Arbeitgebern weder konkrete Diagnosen nennen, noch Angaben über die Art der Erkrankung machen. Außerdem dürfen diese nicht pauschal eAU-Daten für Ihre Beschäftigten nachfragen. Sie müssen für jeden Beschäftigten individuell eine Erst- oder Folgebescheinigungen anfordern.
Techniker Krankenkasse
Für wen die eAU verpflichtend ist
Die eAU ist für alle Beteiligten verpflichtend. Dazu gehören die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen, also in der Regel die Arbeitnehmer. Sie gilt zudem für Arztpraxen, Steuerberater sowie Krankenkassen. Wer privat krankenversichert ist, kann sich nicht mit der eAU krankmelden. Nicht beteiligt sind also Privatärzte, Ärzte im Ausland sowie Rehabilitationseinrichtungen, Physio- und Psychotherapeuten. Von dieser Regelung ebenfalls ausgenommen sind Jobs geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten, nicht aber Minijobber bis 520 EUR.
Hintergrund
Zu bürokratisch, zu großer Zettelaufwand. Denn der Arbeitnehmer bzw. Patient erhielt die AU gleich in dreifacher Ausfertigung; für den Arbeitgeber, für die Krankenkasse und für sich selbst. Laut Techniker Krankenkasse (TK) haben Ärzte mit diesem Verfahren pro Jahr etwa 75 Millionen Krankmeldungen ausgestellt, was 225 Millionen bedruckten Blättern Papier entspricht. Seit 2021 wurde mithilfe von Modellprojekten an der Umsetzung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) getüftelt.Techniker Krankenkassen
Anfechtung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Auch eine eAU ist nicht in Stein gemeißelt. Wenn Umstände erkennbar sind, die ernsthafte Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers aufkommen lassen, kann sie angefochten werden. Allerdings ist die Messlatte für eine erfolgreiche Anfechtung hoch.
Ein klassischer Fall für eine solche Anfechtung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist, wenn der Arbeitnehmer am Tag seiner Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben wird. Hier hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere dann erschüttert werden könne, „wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst.“ Sofern die Dauer der Krankmeldung und die Kündigungsfrist identisch sind, dürfe der Arbeitgeber „berechtige Zweifel an der AU-Bescheinigung“ haben. (BAG, Urteil vom 8.9.2021 – 5 AZR 149/21)
Fazit
Die Zettelwirtschaft hat ein Ende: Patienten müssen sich, wenn sie erkrankt sind, nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, wie sie dem Arbeitgeber ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zukommen lassen. Und auf postalischem Weg kann nichts mehr verloren gehen. Wer krank ist, kann sich also gewissermaßen „zurücklehnen“.
Den Rest erledigen die Praxen und Krankenkassen. Das digitale Verfahren hat einen weiteren Vorteil: Die Arbeitsunfähigkeit wird auf diese Weise tatsächlich lückenlos bei der Krankenkasse dokumentiert. Sollte dem Patienten Krankengeld zustehen, ist dieser mit der digitalen Abwicklung auf der sicheren Seite!
Rechtsanwalt Dr. Schmid steht Ihnen für Ihre Fragen zum Arbeitsrecht zur Seite und vertritt Sie in Ihrer Rechtsangelegenheit vor Gericht. Rufen Sie uns gerne an, sodass wir einen ersten Beratungstermin vereinbaren können. Alternativ auch via E-Mail.